Patrick Angus / Navot Miller. Where loneliness lies

19.04. – 18.05.2024

Persönlich und intim – diese knappe Charakterisierung trifft sowohl auf die Werke des US-amerikanischen Künstlers Patrick Angus (1953-1992) als auch auf die Gemälde des in Berlin lebenden israelischen Künstlers Navot Miller (*1991) zu. Beide beziehen die Sujets ihrer Kunst aus ihrem Leben und bieten dabei teils intime Einblicke in ihr Umfeld und ihren Lebensstil. Unter dem Titel „Where loneliness lies“ treten Werke der beiden Künstler in den Räumlichkeiten der Galerie Thomas Fuchs (Reinsburgstr. 68a & Augustenstr. 63) in einen Dialog. Im Zusammentreffen dieser beiden Künstler lässt sich noch ein weiterer verbindender Aspekt ausmachen: Das Thema Einsamkeit und deren Kompensation.

Patrick Angus (*1953 in North-Hollywood, †1992 in New York, USA) – dessen Nachlass die Galerie vertritt – thematisierte in seinen Gemälden und Zeichnungen bereits in den 1980er-Jahren offen seine Identität als schwuler Mann. Mit den Stripshows, Bars und Pornokinos zeigt er dabei auch jene Subkulturorte New Yorks, an denen schwule Männer trotz gesellschaftlicher Tabuisierung und Verbote damals Gleichgesinnte treffen und ihre sexuellen Neigungen ausleben konnten. Ein glückliches Miteinander oder erotisches Knistern vermittelt Angus in diesen Darstellungen jedoch nur selten. Stattdessen bestimmt eine fast melancholische Atmosphäre der Einsamkeit und Isolation den Großteil seiner Bilder. Mit starren Mienen werden hier die Pornofilme und Stripshows vom Publikum konsumiert. Kommt es dann doch mal zu Annäherungen zwischen den Besuchern, dann scheinen diese meist von käuflicher Natur zu sein. Emotionale Erfüllung, könnte man mutmaßen, finden hier nur die wenigsten. Angus‘ Bilder erscheinen so als ein subjektiver Kommentar zu jener Subkulturszene, von der er selbst ein Teil war. Er erzählt von Sehnsüchten und Enttäuschungen, von Beziehungslosigkeit und Einsamkeit sowie dem Versuch, diese zu überwinden. 

Mit ihrer intensiven und kontrastreichen Farbigkeit kommt Navot Millers (*1991 in Shadmot Mehola, Westjordanland) Malerei auf den ersten Blick recht heiter daher. Wie Angus findet auch er die Inspiration für seine Werke in seinem Alltag, auf seinen Reisen und besonders in den Menschen, denen er dabei begegnet. Davon zeugen die in der Ausstellung versammelten Gemälde, die alle innerhalb des letzten halben Jahres entstanden sind. Sie zeigen (halb-)nackte Männer – Freunde und Sex-Bekanntschaften des Künstlers – in Hotelzimmern, an sonnigen Stränden oder vor der bergigen Kulisse des Comer Sees. Die leuchtend-bunte Bildsprache, in die Miller seine Erfahrungen auf der Leinwand übersetzt, korrespondiert mit der vermeintlichen Unbekümmertheit des präsentierten Lifestyles. Doch auch Millers Gemälde besitzen bei genauerem Hinsehen eine subtil melancholische Stimmung. Erzeugt wird diese in erster Linie von seinen Figuren, die in den Werken der Ausstellung alle ihren Blick von uns ab und nicht selten sehnsuchtsvoll in die Ferne wenden. Diese Rückenansichten – Miller verrät uns die Namen der gezeigten Männer in den Titeln der Bilder – sind es auch, die stark zur Intimität der dargestellten Szenen beitragen. Wie ein visuelles Tagebuch erzählen die Bilder von den Begegnungen des Künstlers, von Gesehenem und Erlebtem. Authentizität ist dabei eines seiner zentralen Anliegen. Und zur Lebensrealität des Malers gehören auch jene Momente und Begegnungen, die ihn nachdenklich stimmen, ihn teilweise sogar einsam fühlen und seinen Lebensstil hinterfragen lassen. Damit sprechen seine Werke eine ähnliche Sprache wie die Arbeiten von Patrick Angus. Auch bei Miller geht es schlussendlich um grundsätzliche menschliche Bedürfnisse: Intimität, Zuneigung und Liebe. 

(Text: Tobias Bednarz)


Patrick Angus wurde 1953 in North Hollywood geboren und starb 1992 in New York. Zu den bisherigen Einzelausstellungen gehören "Patrick Angus: Voyeur", Long Beach Museum of Art, 2019 und "Patrick Angus. Private Show", Kunstmuseum Stuttgart, 2017. Zu den bisherigen Gruppenausstellungen gehören "Every Moment Counts. AIDS and its Feelings, Henie Onstad Kunstsenter, 2022, "Any distance between us", RISD Museum, 2021 und "Körper. Blicke. Macht. – Eine Kulturgeschichte des Bades", Staatliche Kunsthalle Baden-Baden, 2020.

Navot Miller wurde 1991 in Shadmot Mehola im Westjordanland geboren, wo er auch aufgewachsen ist. Er studierte zunächst Architektur an der Universität der Künste Berlin, bevor er von 2017 bis 2022 ein Kunststudium an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee absolvierte. Navot Miller lebt und arbeitet in Berlin. Er war 2023 in der Gruppenausstellung "Who’s Afraid Of Stardust? Positionen queerer Gegenwartskunst" vertreten, die gemeinsam vom Kunsthaus Nürnberg und der Kunsthalle Nürnberg gezeigt wurde.